BGH, 03.08.2017, VII ZR 32/17: Verjährung Anspruch auf Buchauszug und faktische Anspruchsverhinderung

Ein Handelvertreter (HV) hatte über eine Zeitspanne von Oktober 2008 bis Ende Dezember 2014, also insgesamt 6 Jahre für seinem Geschäftsherren (G) Geschäfte vermittelt.

Nachdem das HV-Verältnis durch G gekündigt worrden war, erhob HV eine sogenannte Stufenklage auf Erteilung eines Buchauszuges über alle in den 6 Jahren vermittelten Geschäfte (Stufe 1) und Zahlung sich aus dem Buchauszug eventuell noch ergebender offener Provisionen (Stufe 2).

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung waren dem HV Provisionsansprüche, die sich eventuell aus dem geforderten Buchauszug ergeben würden, nicht bekannt. Entsprechend galt hinsichtlich all dieser nicht bekannten eventuell bestehenden Provisionsansprüche nach den allgemeinen Bestimmungen zur Verjährung von Ansprüchen:

  • Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB.
  • Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, § 199 Abs. 1 BGB.
  • Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an, § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass Provisionsansprüche innerhalb von drei Jahren verjähren, die Verjährung allerdings erst mit der Kenntnis des Provisionsanspruchs - etwa über ein Buchauszugsverfahren - beginnt und eine Obergrenze von 10 Jahren angenomen werden kann, über die rückwirkend Provisionsansprüche (unverjährt) geltend gemacht werden können.

Allerdings: geltend machen kann man nur Ansprüche, wenn und sobald man diese kennt, weshalb hier der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges eine Maßgebliche Rolle hat.

Der BGH hat in seiner Entscheidung bestimmt, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs ein dem Handelsvertreter zustehender separater Anspruch ist, der für sich der regelmäßigen Verjährung nach den §§ 195, 199 BGB unterliegt. Zum Beginn der Verjährungsfrist bestimmt der BGH: 

"Die Verjährung des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB beginnt regelmäßig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat."

Diese Verjährung ist, so der BGH, völlig unabhängig davon zu betrachten, dass eventuell noch dem Vertreter unbekannte Provisionsansprüche des Handelsvertreters bestehen, die erst wesentlich später als der Ablauf der Regelverjährung des Buchauszugs eintritt wegen Verjährung nicht mehr durchzusetzen sind.

Einen Zusammenhang zwischen Anspruch auf Buchauszug und Provisionsanspruch erkennt der BGH nur in der Gegenrichtung:

"Dieser Anspruch [auf Erteilung eines Buchauszuges], bei dem es sich um einen Hilfsanspruch handelt, wird allerdings gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch, dessen Vorbereitung er dienen soll, verjährt ist oder aus anderen Gründen nicht mehr durchgesetzt werden kann."

Dem Handelsvertreter ist es so um so mehr nahe zu legen, selber die Abrechnungen des Geschäftsherren regelmäßig zu prüfen und sicherzustellen, dass er saubere Abrechnungen erhält. Nach Beendigung des Handelsvertretervertragsverhältnisses wird sich die Überprüfung der Abrechnung im Wege des Buchauszugsverfahrens künftig unter Berücksichtigung der vorliegenden Entscheidung des BGH auf die letzten 3 Jahre der Zusammenarbeit beschränken müssen.