BGH, 18.03.2014, II ZR 109/13: Veränderung der Muster-Widerrufsbelehrung stört Fiktion wirksamer Belehrung

Nachdem die gesetzlichen Bestimmungen zur Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen in den letzten Jahren mehrfach geändert wurden, hat der BGH nun gelegentlich zu überholten rechtlichen Rahmenbedingungen zu entscheiden. Aus den Ausführungen des BGH lassen sich ab und an Rückschlüsse auf die richtige Verwendung der aktuellen gesetzlichen Bestimmungen ziehen.

Das Urteil des BGH vom 18.03.2014 betraf einen Kauf von Fondsanteilen. Die Fondsgesellschaft hatte die damals im Jahr 2004 geltende Musterwiderrufserklärung verwendet und in dieser den Beginn der Widerrufsfrist anders als in der Vorlage vorgesehen zu Gunsten des Vertragspartners modifiziert. 

Nach der Wertung des BGH war die durch die Fondsgesellschaft formulierte Belehrung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen inhaltlich unrichtig. Mit der Vertragserklärung hatte der Vertragspartner den Beitritt in den Fonds vollzogen. Ein wirksamer Widerruf würde nach einem entsprechenden Vollzug unter Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führen. Hierauf wurde in dem Widerruf nicht hingewiesen, weshalb so keine für sich wirksame Widerrufserklärung vorlag.

Nach der damals geletenden Bestimmung des § 14 Abs. 1 BGB-InfVO a.F. hätte die Widerrufserklärung nicht desto trotz wirksam sein können, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform für die Belehrung verwandt worden wäre.

Dies hatte die Fondsgesellschaft grundsätzlich gemacht. Allerdings hat sie den Fristbeginn zur Bestimmung der Widerrufsfrist - zum Vorteil des Kunden - wie folgt verändert:

  • gesetzliche Regelung: „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“
  • eingesetzte Regelung: „einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben“

Der BGH nahm Bezug auf seine ständige Rechtsprechung, nach der die Schutzwirkung der Bestimmung des § 14 BGB-InfoV nur dem Verwender des Musters zugute kommt, der das Muster inhaltlich und hinsichtlich der äußeren Gestaltung unverändert einsetzt.im Jahr 2009

Die Widerrufsbelehrung des Fondsgesellschaft weicht hinsichtlich der Bestimmungen zum Fristbeginn und durch Zufügung weiterer Voraussetzungen - wie Zugang einer Abschrift der Beitrittserklärung und des Gesellschaftsvertrags - von dem Muster ab, weshalb eine identische und die Schutzwirkung begründende Verwendung nicht gegeben ist. Erst recht weil die so nicht unmaßgeblich geänderte Musterbelehrung im konkreten Fall die rechtliche Situation - Folgen des Widerrufs - nicht richtig wiedergibt, lehnt der BGH eine Schutzwürdigkeit der Fondsgesellschaft nach § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV ab.

Die Fondsgesellschaft hatte so nicht richtig über das Widerrufsrecht belehrt und der in dem Fall klagende Verbraucher konnte auch im Jahr 2009 noch die Beitrittserklärung in den Fonds aus dem Jahr 2004 widerrufen.

Dem Urteil des BGH liegt diese damalige (Zwischen-)Fassung des § 14 BGB InfoV zugrunde:

 § 14  Form der Widerrufs- und Rückgabebelehrung, Verwendung eines Musters(1)  Die Belehrung über das Widerrufsrecht genügt den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird.(2)  Die Belehrung über das Rückgaberecht genügt den Anforderungen des § 356 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 3 verwandt wird.(3)  Verwendet der Unternehmer für die Belehrung das Muster der Anlage 2 oder 3, darf er in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen.(4)  Belehrt der Unternehmer den Verbraucher ohne Verwendung des Musters der Anlage 2 oder 3 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht, muss er in der Belehrung seine ladungsfähige Anschrift angeben.

 

AKTUELL Juli 2014

Seit dem 13.06.2014 gilt folgende gesetzliche Bestimmung zur Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung:

Art 246a § 1 (2) BGBEG

(2) Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher zu informieren

1.    über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2,
2.    gegebenenfalls darüber, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, und bei Fernabsatzverträgen zusätzlich über die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können, und
3.    darüber, dass der Verbraucher dem Unternehmer bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die nicht in einem bestimmten Volumen oder in einer bestimmten Menge vereinbarte Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder die Lieferung von Fernwärme einen angemessenen Betrag nach § 357 Absatz 8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die vom Unternehmer erbrachte Leistung schuldet, wenn der Verbraucher das Widerrufsrecht ausübt, nachdem er auf Aufforderung des Unternehmers von diesem ausdrücklich den Beginn der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hat.

Der Unternehmer kann diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt.


Es ist anzunehmen, dass auch für die aktuell anzuwendende Regelung gilt, dass Modifikationen der Musterformulierungen nur sehr vorsichtig vorgenommen werden sollten, um als Verwender die durch die Verwendung des Musters bestehende Schutzwirkung nicht zu gefährden.