OLG Köln, 19.11.2010, 6 U 73/10: § 4 BDSG Marktverhaltensregel iSd UWG

Zwei Wettbewerber im Strommarkt haben darüber gestritten, ob es einem Unternehmen gestattet ist, ohne Einwilligung ehemaliger Kunden diesen Kunden Werbeschreiben zuzuschicken und sie zu einem Rückwechsel anzusprechen.

Das OLG führte aus, dass das Versenden des Mailings ohne die erforderliche Einwilligung der Betroffenen nicht von den datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbeständen gedeckt ist, §§ 4, 28, 29 BDSG.

Zu der Berechtigung des Wettbewerbers, den Datenschutzrechtsverstoss wettbewerbsrechtlich anzugreifen, führte es aus:

Das Verbot gemäß § 4 Abs. 1 BDSG, personenbezogene Daten zu nutzen, wenn der Betroffene nicht eingewilligt oder dies durch das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift erlaubt oder angeordnet ist, ist insoweit eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, als § 28 BDSG die Grenzen der Zulässigkeit der Nutzung der Daten für Zwecke der Werbung bestimmt. Zwar zielt das in § 4 Abs.1 BDSG enthaltene Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 9. Aufl., § 4 Rdn. 3) weitaus überwiegend nicht darauf ab, Marktverhalten zu regeln. Soweit jedoch ein Marktteilnehmer sich auf einen Erlaubnistatbestand beruft, um diese Erlaubnis dazu zu nutzen, Werbung für sich zu machen, bezwecken die Grenzen, die das Bundesdatenschutzgesetz einem solchen Marktverhalten setzt, den Schutz des Betroffenen in seiner Stellung als Marktteilnehmer. Dieser Schutz ist zwar Ausfluss des allgemeinen Schutzes eines Rechts des Verbrauchers, nämlich seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Auch eine dem Schutz von Rechten oder Rechtsgütern dienende Vorschrift ist aber dann eine Marktverhaltensvorschrift, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme berührt wird [...]. Die Antragsgegnerin hat geschützte Daten genutzt, die ihr durch die Marktteilnahme der Betroffenen, nämlich die Vertragsbeziehung mit der Antragsgegnerin, bekannt geworden sind. Soweit sie diese Daten zum Zwecke der Werbung nutzt, ist dieses Marktverhalten durch den Schutz der Daten nach Maßgabe des Bundesdatenschutzgesetzes im Interesse der Betroffenen geregelt.