AG Offenbach, 01.03.2018, 33 C 226/17: Unebener Gehweg, Voraussetzungen Schadensersatzpflicht

Ein Passant ist spät abends auf einem schlecht beleuchtetem Gehweg über eine hervorstehende Bordsteinplatte gestürzt. Er machte Schadensersatzansprüche gegen die Stadt wegen Verletzung von Verkehrspflichten geltend.

Das AG hat die Klage abgewiesen.

Es führte aus: "Der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht wird somit nach den Sicherheitserwartungen der jeweiligen Verkehrsteilnehmer am konkreten Verkehrsort bestimmt. Dabei ist die Höhe und Ausgestaltung der Unebenheit ein wesentlicher, aber nicht der alleinige Anhaltspunkt. Neben Niveaudifferenz ist weiter auch auf die Art, das Ausmaß und die konkreten Umstände der Unfallörtlichkeit, z.B. der Lage, der Verkehrsdichte, der Ablenkung der Nutzer sowie die Lichtverhältnisse vor Ort abzustellen. (vgl. Hager in Staudinger, BGB, Auflage 2009, § 823, Rz. E 160).

Der Zweck der Verkehrssicherungspflicht liegt nicht darin, die Benutzer des Gehweges vor jeder denkmöglichen Gefahr zu schützen. Die würde zu einer unbilligen Überspannung der Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht führen und unzumutbare Anforderungen an die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit der verkehrssicherungspflichtigen Kommunen stellen. Der Verkehrssicherungspflichtige hat jedoch dafür Sorge zu tragen, dass ein Mindestsicherheitsstandard geschaffen und eingehalten wird. Dies ist dann der Fall, wenn unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der Art und Weise des in Frage kommenden Verkehrs allgemein erwartet werden kann, dass eine gefahrlose Nutzung möglich ist (vgl. OlG Hamm, Urteil vom 30.10.2012, Az.: I-24 U 38/12). Dabei sind von dem Verkehrssicherungspflichtigen diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, solche Gefahren von Benutzers der Verkehrsfläche abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.1989, Az.: VI ZR 182/89). Zur Beurteilung der Verkehrssicherheit eines Gehwegbereiches ist dabei bei einer objektiven Gefahrenquelle in Form einer Unebenheit durch hochstehende Gehwegplatten von denkbar ungünstigen Wahrnehmungsverhältnissen (OLG Hamm, Urteil vom 30. 9. 2003, Az.: 9 U 72/03) und unter Berücksichtigung von etwaigen Mobilitätseinschränkungen der Benutzer auszugehen.

Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist dann geboten, wenn Gefahren bestehen, die auch für einen sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf welche er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (Hager in Staudinger, BGB, Auflage 2009, § 823 Rz. E 163)."

Dies wurde durch das Gericht im vorliegenden Fall verneint.