Handelsvertreter - Ansprüche - Buchauszug

Eine sehr häufig gewählter Vertriebsaufbau ist der Vertrieb über selbständige Handelsvertreter. 

Die Abwicklung eines derartigen Vertriebs richtet sich nach den §§ 84 ff HGB. Handelsvertreter ist danach, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Der Handelsvertreter kann eine einzelne Person oder ein eigenständiges Unternehmen sein. Es muss auch kein explizit als Handelsvertretervertrag bezeichneter Vertrag geschlossen werden. Für das Vorliegen eines Handelsvertretervertragsverhältnisses genügt, dass faktisch die angesprochenen Voraussetzungen gegeben sind.

Gegenleistung des Unternehmers für die Vertriebsunterstützung durch den Handelsvertreter ist in der Regel die in dem Handelsvertretervertrag, sonstigen Vereinbarungen oder - was dann gelegentlich zu Nachweisschwierigkeiten führen kann - mündlich vereinbarte Provision. Wurde die Höhe der Provision nicht ausdrücklich festgelegt, gilt die übliche Provision als vereinbart, § 87b I HGB.

In den gesetzlichen Bestimmungen zum Handelsvertreter sind zahlreiche Rechte und Pflichten zum Handelsvertreterverhältnis zusammen gestellt.

Einige ausgewählte, im Zusammenhang mit der Vergütung des Handelsvertreters relevante Regelungen und Vorkommnisse sind hier im Überblick angesprochen:

  • Provisionsanspruch während Vertragsdauer, § 87 I HGB
    Während der Dauer des Handelsvertretervertragsverhältnisses steht dem Handelsvertreter ein Anspruch auf eine Provision für alle durch sein Mitwirken zustande gekommenen Geschäfte sowie - sofern eine entsprechende Abrede besteht - für die in einem bestimmten Bezirk, Segment o. ä. getätigten Abschlüsse des Unternehmers zu. Eine Provisionsabrechnunghat durch den Unternehmer in der Regel monatlich zu erfolgen, eine Erstreckung des Zeitraums ist auf maximal 3 Monate möglich, § 87c HGB. Der Anspruch besteht dann nicht, wenn die Provision einem ausgeschidenen Handelsvertreter aufgrund § 87 III HGB zusteht. Zahlreiche weitere Details zur Abrechnung sowie zum Bestehen und Ermitteln des Provisonsanspruchs des Handelsvertreters ergeben sich aus den umfangreichen Bestimmungen der §§ 84 ff HGB.

  • Delkredereprovision, § 86b, Inkassoprovision, § 87 IV HGB
    Bei entsprechender Abrede zusätzlicher Leistungen kann dem Handelsvertreter zusätzlich eine Delkredereprovision und eine Inkassoprovision zustehen.

  • Provisionsanspruch nach Ende Handelsvertretervertrag, § 87 III HGB
    Für nach Beendigung des Handelsvertretervertrags zustande gekommene Geschäfte steht dem Handelsvertreter ein Provisionsanspruch zu, wenn er das Geschäft im wesentlichen vermittelt oder eingeleitet hat und das Geschäft zeitnah nach der Vertragsbeendigung getätigt wird oder das Angebot des Dritten vor der Vertragsbeendigung bei dem Unternehmer oder dem Handelsvertreter vorlag, § 87 III HGB. Aus Billigkeitsgründen kann dem nachfolgenden Handelsvertreter im Einzelfall ein Teil der Provision zugesprochen werden.

  • Anspruch des Handelsvertreters auf Buchauszug, § 87c II HGB
    Die Möglichkeiten des Handelsvertreters zur Überprüfung der durch den Unternehmer erstellten Provisionsabrechnungen sind in der Regel begrenzt. Um überhaupt einen Einblick in die bei dem Unternehmer bestehende Abrechnungsgrundlage zu erhalten, ist gesetzlich der Anspruch des Handelsvertreters zur Einforderung einer Buchauszugs geregelt. Ein Buchauszug soll dabei eine Zusammenstellung aller Angaben sein, die der Handelsvertreter benötigt, um die ihm zustehende Vergütung zu ermitteln und die Richtigkeit seiner Abrechnungen zu überprüfen. Hierzu zählen je nach Konstellation in der Regel folgende Angaben: Name und Anschrift des Bestellers, Kundennummer (sofern vorhanden), Datum der Bestellung, Inhalt und Umfang der Bestellung, Datum der Lieferung bzw. Teillieferungen und deren Umfang, Rechnungen mit Datum und Rechnungsnummer, Rechnungsbetrag, Datum der Zahlungen und Höhe der gezahlten Beträge, Datum der vollständigen Abwicklung, Rückgaben und Nichtausführung von Geschäften mit Datum und Grund und vom Unternehmer im Falle einer Stornierung getroffene Bestandserhaltungsmaßnahmen.

  • Üblicher Gang des Provisionsüberprüfungsverfahrens
    Stellt der Handelsvertreter fest, dass die an ihn durch den Unternehmer übermittelten Provisionsabrechnungen überprüfungsbedürftig erscheinen, so kann er dies dem Unternehmer miteilen. In der Regel wird eine entsprechende Anfrage zum Ende oder nach Beendigung eines Handelsvertretervertragsverhältnisses gestellt, um in einer laufenden Kooperation nicht - eventuell zusätzlichen - Unmut zu erzeugen.
    Der Handelvsertreter fordert den Unternehmer auf, einen Buchauszug zu erstellen. An sich sollte der Unternehmer dieser Aufforderung entsprechend der ihn betreffenden gesetzlichen Pflicht nachkommen. Tut er dies nicht, kann der Unternehmer in einem Klageverfahren zur Erstellung eines Buchauszugs angesprochen werden. Im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens wird in einer Vielzahl der Fälle eine Einigung zwischen den Parteien gefunden. Bleibt dies aus, kann der Vertreter nach Verurteilung des Unternehmers den Buchauszug erforderlichenfalls im Wege der Selbstvornahme erstellen lassen. Auf Basis des Buchauszugs hat dann eine im Einzelfall gelegentlich sehr komplexe Auswertung der abgrechneten Provisionen zu erfolgen.
    Hierbei stellt sich in vielen Fällen heraus, dass der Unternehmer korrekt abgerechnet hat oder dass die Überprüfungsbedürftigkeit mit versehentlichen kleineren Fehlgängen erklärt werden kann.
    Gerade im Bereich des Massengeschäfts etwa bei der Vermittlung von Verbraucherverträgen über Telefonie, Internet oder Strom und Gas, hat sich in der Praxis von WILDE.Rechtsanwälte immer wieder ergeben, dass Abrechnungen scheinbar über Schätzungen o. ä. erstellt wurden. Die - in diesen Fällen durch einen Subunternehmer vorgenommene sehr komplxe - Auswertung des Buchauszuges hat dann gelegentlich spürbare Abweichungen zum Nachteil des Handelsvertreters ergeben, die im Anschluss an das Verfahren ausgeglichen wurden.

  • Vorbereitung des Unternehmers mit Blick auf Buchauszugsanspruch
    Der Anspruch auf Erstellung eines Buchauszugs ist bekannt und wird in vielen Fällen bereits bei Aufbau eines Vertriebs über Handelsvertreter vorausschauend berücksichtigt. Dies kann einmal durch diverse Gestaltungselemente in einem reflektierten und genau auf das vorgesehen Geschäft zugeschnittenen Handelsvertretervertrag geschehen. Zudem kann bereits im Rahmen des Systemaufbau die Systemverwaltung so eingerichtet werden, dass ein Buchauszug immer schnell und einfach - am besten auf bloßen "Knopfdruck" - zur Verfügung steht.

  • Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, § 89b HGB
    Der Handelsvertreterausgleichsanspruch ist neben dem Anspruch des Handelsvertreters auf Erstellung eines Buchauszugs der zweite sehr wesentliche Anspruch, der durch den Unternehmer im Rahmen der Planung und Gestaltung der vorgesehenen Handelsvertretervertriebsstruktur zu berücksichtigen ist.
    Ziel des Anspruchs ist es, dass der Handelsvertreter einen Ausgleich für die Verbesserung der Kundenstruktur bei dem Unternehmer erhält, von der der Unternehmer auch nach Beendigung der Tätigkeit des Handelsvertreters weiterhin profitiert. Die EInzelheiten ergeben sich aus der hierzu bestehenden Vorschrift des § 89b HGB.

Neben den hier exemplarisch und stark verkürzt wiedergegebenen Teilaspekten sind im Rahmen des Handelsvertretervertragsverhältnisses zahlreiche weitere Vorschriften und Gegebenheiten relevant und von Bedeutung.

Sollten Sie als Unternehmer einen Vertrieb über Handelsvertreter aufbauen wollen oder bereiten Sie oder führen Sie bereits als Unternehmer oder als Handelsvertreter ein Verfahren zur Erstellung eines Buchauszugs oder zur Ermittlung eines Handelsvertreterausgleichsanspruchs, stehen wir Ihnen dabei gerne zur Seite.