Doctor of Business Administration als anerkannter akademischer Doktorgrad/ „Dr.“-Titel [Mai 2021]

Immer mehr Universitäten und Hochschulen bieten für Absolventen eines Master of Business Administration (MBA) ein darauf aufbauendes Promotionsstudium an: Den Doctor of Business Administration (DBA). Für die Führung des DBA als Doktortitel gelten die allgemeinen Regeln der Anerkennung.

 

      I.          Einleitung  

Die Anerkennung  einer Qualifikation als Doktorgrad hängt von der konkreten Gestaltung des absolvierten Programms ab. Die Kultusministerkonferenz (KMK) der für das Hochschulwesen zuständigen Bundesländer hat für die Anerkennung ausländischer Hochschulgrade ein einheitliches Bewertungssystem beschlossen.[1] Demzufolge dürfen Inhaber eines in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgrades, der in der EU/ dem EWR verliehen wurde, die Abkürzung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen, wenn diese nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind.[2] Erfüllt ein Programm diese Anforderungen kann es zusätzlich in die Datenbank der KMK ("ANABIN") aufgenommen werden, und dort für Interessenten mit der entsprechenden Klassifizierung versehen und auffindbar gemacht werden.

 

     II.          EHEA / Klassifikation nach Bologna - 3 Zyklen / Ebenen [3]

Das Klassifikationssystem nach Bologna ist Teil der Regelungen des gemeinsamen Europäischen Hochschulraums (European Higher Education Area - EHEA) und umfasst im Wesentlichen drei Zyklen, die die grundlegenden 3 Ebenen der Hochschulbildung erfassen.[4] Die Zyklen werden auf der Grundlage der Bergen-Deklaration der teilnehmenden Staaten[5] durch ein grobes Rahmenwerk von Qualifikationen und "ECTS-Credits" (European Credit Transfer and Accumulation System) als Bachelor (erste Ebene), Master (zweite Ebene) und Promotionsstudium (dritte Ebene) definiert. Den Abschluss der dritten Ebene stellt die Erlangung eines Doktorgrades dar.

 

   III.          Einordnung eines Studienprogramms in die 3. Ebene - Doktorgrad

Im Rahmen der Bologna Nachfolgekonferenzen in Dublin und Bergen haben sich Anhaltspunkte als Rahmen für eine Einordnung eines Programms in die dritte Ebene des EHEA herausgebildet. Diese sind in die folgenden Kategorien aufgegliedert:

1.     Wissen und Verstehen,

2.     Anwendung des Wissens und Verstehens,

3.     Urteilsvermögen,

4.     Kommunikation & kommunikative Fähigkeiten und

5.     Fähigkeiten zum lebenslangen Lernen, den Dublin-Deskriptoren.[6]

 

  IV.          Klassifizierung nach Dublin Deskriptoren (Anforderungskatalog)

Voraussetzung der Zuordnung eines Programms zur dritten Ebene der Bologna-Klassifikation sind die Teilnehmer-Anforderungen eigenständige Forschung und eigenständiger wissenschaftlicher Beitrag.[7] Es bestehen aktuell folgende Anforderungen an das Niveau der Leistungsabfrage bei den Teilnehmern:

1.     Wissen und Verstehen

 Im Rahmen dieser Kategorie werden von den Teilnehmern ein systematisches Verständnis eines Studienfelds und die Beherrschung der mit dem Studienfeld assoziierten Methoden und Fähigkeiten erwartet.[8] Das systematische Verständnis muss über das für die Zyklen/ Ebenen eins und zwei geforderte eingeschränkte Wissen über bestimmte Sachverhalte des Studienfeldes hinausgehen. Die Teilnehmer müssen ein übergreifendes Systemwissen nach außen darstellen können und dieses auch in ihrer Forschung angewandt haben.

Ein DBA-Programm muss folglich darauf abzielen, dieses systematische Wissen nicht einfach zu vermitteln, sondern dafür Sorge tragen, dass die Teilnehmer dieses Wissen eigenständig nach außen darstellen und weitervermitteln können.

2.     Anwendung des Wissens und Verstehens

 In dieser Kategorie wird von den Teilnehmern zunächst verlangt, dass sie die Fähigkeit erlangt haben, einen substanziellen Forschungsprozess mit wissenschaftlicher Integrität zu erdenken, auszugestalten, zu implementieren und anzupassen. Über die Zyklen eins und zwei hinaus muss durch die Teilnehmer eine gesteigerte Problemlösungsfähigkeit demonstriert werden.[9]Darüber hinaus müssen die Teilnehmer im Rahmen der dritten Ebene in der Lage sein, Problemgestaltungen eigenständig zu entwickeln. Dieser Forschungsprozess muss wissenschaftlichen Anforderungen genügen, üblicherweise unter Gewährleistung der wissenschaftlichen Nachprüfbarkeit durch Verwendung geeigneter Quellen.

Die reine Vermittlung von Wissen ist nicht ausreichend. Das Programm hat dafür Sorge zu tragen, dass die konkret durch die Teilnehmer erstellten Arbeiten den vorgenannten Anforderungen der dritten Ebene entsprechen, um die hieraus resultierende Anwendung der Fähigkeiten ihrerseits der dritten Ebene zuordnen zu können. Entscheidend ist, dass die Teilnehmer ihre Fähigkeit, eigenständig zu arbeiten, nach außen demonstrieren können.

Im Rahmen der Kategorie der Anwendung von Wissen und Verstehen wird weiterhin verlangt, dass die Teilnehmer einen originären Forschungsbeitrag geleistet haben, welcher durch die Herstellung einer zur nationalen und internationalen Veröffentlichung geeigneten, substantiellen Forschungsarbeit, die Grenzen des Wissens erweitert.[10] "Forschung" stellt hier einen weit auszulegenden Begriff dar, der ein breites Spektrum von Tätigkeiten beinhalten soll, die einen innovativen und originären Beitrag zur Wissenschaft leisten, wobei der Begriff der "Wissenschaft" seinerseits weit zu verstehen ist.[11] Eine solche Forschungsarbeit kann auch als Abschlussarbeit ("Thesis") präsentiert werden.[12]

Die Erstellung der Forschungsarbeit, insbesondere die Erstellung einer die Grenzen des Wissens erweiternden Forschungsarbeit, stellt ein weiteres prägendes Merkmal zur Abgrenzung von der ersten und zweiten Ebene dar. Für die erste und zweite Ebene ist nicht erforderlich, dass es sich um einen originären Forschungsbeitrag handelt. Sollte die Thesis so ausgestaltet sein, dass Teilnehmer mehrfach dasselbe Themengebiet bearbeiten, so wäre dies ein Indikator dafür, die Thesis der ersten und zweiten Ebene zuzuordnen. Um eine Einordnung in die dritte Ebene zu erreichen, müssen die Grenze des bekannten Wissens verschoben werden und neue Erkenntnisse aus der Forschungsarbeit gewonnen werden können.

3.     Urteilsvermögen

 In dieser Kategorie wird von den Teilnehmern erwartet, dass sie fähig zur kritischen Analyse, Evaluation und Synthese neuer und komplexer Ideen sind. In Abgrenzung hierzu wird im Rahmen der ersten und zweiten Ebene lediglich verlangt, dass sie die Fähigkeit besitzen, relevante Daten zu sammeln und zu interpretieren, um Einschätzungen zu stützen (erste Ebene), bzw. Wissen zu integrieren und auf Basis unvollständiger oder begrenzter Informationen Einschätzungen zu formulieren (zweite Ebene). Die erste und zweite Ebene sind damit eher auf den reinen Umgang mit bereits bestehenden Daten und der kleinschrittigen Fortzeichnung dieser Daten befasst.[13]

Prägend für die dritte Ebene ist hingegen zum einen der Umgang mit komplexeren Themenbereichen, zum anderen die kritische Analyse und Evaluation. Von den Teilnehmern in der dritten Ebene wird ein besonderes Maß an Fähigkeit zur Hinterfragung bestehender Daten verlangt.[14] Ergänzend sollen sie in der Lage sein, auf Basis dieser bereits bestehenden Daten eigene, neue Ideen zu entwickeln. Auch hier wird ein Fokus auf die eigenverantwortliche Arbeit gelegt.

Nicht ausreichend ist das reine Wiederholen bereits bestehender Konzepte und Ideen.

Sofern durch die Teilnehmer eines Programms auf Grundlage des erworbenen Wissens eine eigenverantwortliche Erhebung und kritische Analyse von erhobenen Daten als Grundlage der Schaffung neuer Ideen und Konzepte ermöglicht wird, wäre die praktische Umsetzung im Rahmen einer Abschlussarbeit eher der dritten Ebene zuzuordnen. Nicht ausreichend wäre hingegen die reine, unreflektierte Aufbereitung von Daten und/oder gesammelten Informationen. Eine solche einfache Darstellung würde wohl den Anforderungen an eine kritische Hinterfragung von erhobenen Daten nicht genügen.

4.     Kommunikation und kommunikative Fähigkeiten

Im Rahmen dieser Kategorie wird von den Teilnehmern verlangt, dass sie mit anderen Wissenschaftlern ihres Feldes, der Gesamtheit der Wissenschaft und der Allgemeingesellschaft über ihren Fachbereich kommunizieren können. Einschränkend wird von Teilnehmern der ersten und zweiten Ebene lediglich verlangt, Informationen, Ideen, Probleme und Lösungen an Experten und Laien vermitteln zu können bzw. Schlussfolgerungen und das Wissen und die Prinzipien, die diesen Schlussfolgerungen zugrunde liegen, klar und eindeutig an Experten und Laien kommunizieren zu können.[15]

Prägender Unterschied ist die fortschreitende Erweiterung des Inhalts, über den die Teilnehmer kommunizieren können müssen. Während es im Rahmen der ersten und zweiten Ebene ausreichend ist, voraufbereitete Inhalte fach- und laiengerecht aufbereiten und kommunizieren zu können, tritt in der Diskussion der dritten Ebene der wechselseitige fachliche Austausch hinzu. Prägendes Merkmal eines fachlichen Austausches wird dabei eher das Abweichen von voraufbereiteten Inhalten sein. Ein Teilnehmer der dritten Ebene muss also in der Lage sein, ad hoc auf die ihm präsentierten Diskussionsinhalte fachgerecht eingehen zu können.

Auch der Kreis der Ansprechpartner wird erweitert. Der Teilnehmer der dritten Ebene muss in der Lage sein, eine fachliche Diskussion sowohl zur Gesamtheit der Wissenschaft hin als auch in die Laiensphäre hinein bewältigen zu können.

Möglich erscheint dies etwa durch eine Verteidigung einer Abschlussarbeit, ähnlich dem Rigorosum. Durch die Verteidigung ihrer Arbeit treten die Teilnehmer mit anderen Wissenschaftlern ins Gespräch. Ihnen kann je nach Ausgestaltung der Verteidigung abverlangt werden, im breiteren Rahmen ihres Feldes auf Fragen einzugehen. Nicht ausreichend dürfte sein, reine Inhaltsfragen zur Thesis zu beantworten. Vielmehr wird die Anforderung eher dahin zu verstehen sein, dass der Teilnehmer in der Lage sein muss, seine Thesis in den breiteren wissenschaftlichen Kontext seines Feldes einzubetten.

5.     Lernstrategien und Selbstlernfähigkeit

Im Rahmen der letzten Kategorie wird von den Teilnehmern der dritten Ebene verlangt, dass sie in der Lage sind, innerhalb akademischer und professioneller Kontexte den technologischen, gesellschaftlichen oder kulturellen Fortschritt einer Wissensgesellschaft voranzutreiben. Von Teilnehmern der ersten und zweiten Ebene wird lediglich verlangt, dass sie Lernstrategien entwickelt haben, um ihre Studien mit einem hohen Maß an Selbstständigkeit selbstbestimmt fortzusetzen.[16]  

Prägender Unterschied zwischen den ersten beiden und der dritten Ebene ist daher, dass der Teilnehmer der dritten Ebene nicht nur  eigenes Wissen vorantreibt, sondern dieses im Rahmen der Wissensgesellschaft weitervermitteln kann. Er muss grundsätzlich zur Ausführung von Lehrtätigkeiten i.w.S. befähigt sein, ohne solche Lehrtätigkeiten auch ausführen zu müssen. Erforderlich ist, dass er hierzu von seinem fachlichen Hintergrund her grundsätzlich geeignet ist.

Es findet insofern eine Verschränkung der Kriterien statt: Nur wer in der Lage ist, über sein Feld fachlich qualifiziert kommunizieren zu können, und ein systematisch fortschreitendes und von kritischer Hinterfragung geprägtes Fachwissen in sich vereinigt hat, kann dieses auch in der entsprechenden Qualität weitergeben.

Bei Anwendung dieser Kriterien auf das Konzept des DBA ist zu bedenken, dass dieses  nicht auf eine akademische Karriere hin zugeschnitten ist, sondern auf ein berufliches Weiterkommen. Es findet i.d.R. keine Vorbereitung auf eine "klassische" Lehrtätigkeit statt. Dies ist grundsätzlich kein Widerspruch zu einer Klassifizierung in die dritte Ebene, da i.R.d. dritten Ebene nicht verlangt wird, dass die Teilnehmer während oder im Anschluss an eine Promotion eine akademische Lehrtätigkeit ausüben. Das DBA Programm muss jedoch darauf zugeschnitten sein, dass die Fähigkeit zur Wissensvermittlung an Dritte hergestellt wird. Teilnehmer müssen also die Fähigkeit erlangt haben, eine Lehrtätigkeit auszuüben, eine faktische Ausübung ist dagegen nicht erforderlich.

 

    V.          Zusammenfassung

Die Eingliederung eines DBA-Programms in die dritte Ebene des EHEA ist maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung des Programms abhängig. Anhand der Dublin-Deskriptoren lässt sich ein Raster erarbeiten, anhand dessen eine Einordnung vorgenommen werden kann. Zunächst ist ein systematisches Verständnis des Studienfeldes erforderlich. Die Teilnehmer müssen in ihrem Studienfeld mit wissenschaftlicher Integrität substantielle Forschungsprozesse denken, ausgestalten und implementieren können. Diese Fähigkeit ist im Rahmen eines originären Forschungsbeitrages, welcher die Grenzen des Wissens erweitert, nachzuweisen. Das Urteilsvermögen der Teilnehmer muss dahingehend ausgeprägt sein, dass es eine die eigenverantwortliche Erhebung und eine kritische Analyse von erhobenen Daten als Grundlage der Schaffung neuer Ideen und Konzepte ermöglicht. Auf der Grundlage der fachlichen Fähigkeiten der Teilnehmer müssen diese in der Lage sein, eine fachliche Diskussion sowohl zur Gesamtheit der Wissenschaften, als auch in die Laiensphäre hinein bewältigen zu können. Schließlich müssen sie befähigt sein, eine Lehrtätigkeit i.w.S. ausführen zu können.

 Erfüllt ein Programm diese Anforderungen, ist es der dritten Ebene zuzuordnen und kann als wissenschaftliches Promotionsverfahren i.S.d. EHEA qualifiziert werden, sodass die Absolventen die im Herkunftsland zugelassene Bezeichnung, eine nachweislich allgemein übliche Abkürzung oder wahlweise die Abkürzung Dr. ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen dürfen.

 

 


[1] KMK - Kultusministerkonferenz Beschl. v. 14.04.2000 und 21.09.2001, i.d.F. v. 24.05.2019; vgl. auch Art. III.2 HSQualAnÜ

[2] KMK Beschl. v. 21.09.2001, i.d.F. v. 24.05.2019; vgl. Kurzdarstellung zu der Systematik bei Hilgert/ Wilde, NJW-Aktuell 17/2021, S. 19

[3] In den englischsprachigen amtlichen Dokumenten wird der Begriff "Cycle" (deutsch Zyklus) verwendet. Der Abschluss eines Zyklus führt zum Erreichen einer von 3 vorgegebenen Ebenen/ Stufen.

[4] vgl. Maguire/Mernagh/Murray, Europäische Zeitschrift für Berufsbildung Nr. 42/43, 81, 82

[5] Bergen-Kommuniqué (Mai 2005)

[6] Vgl.: Framework for Qualifications of the European Higher Education Area, Bologna Working Group on Qualifications Framework, dänisches Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation, 2005, Appendix 6, S. 148 ff.; Europäische Kommission, ETCS-Leitfaden, Glossar

[7] VG Arnsberg Beschl. v. 16.4.2009 - 9 L 45/09; VG München Urt. v. 18.2.2008 - M 25 K 07.2387, bestätigt durch Beschluss des Bayerischen VGH vom 17.09.2009 - 5 ZB 08.838

[8] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area

[9] vgl. Framework for Qualifications of the European Higher Education Area, Bologna Working Group on Qualifications Framework, dänisches Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation, 2005, Appendix 6, S. 148 f.

[10] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area

[11] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area, Bologna Working Group on Qualifications Framework, dänisches Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation, 2005, Appendix 6, S. 148 Fn. 37

[12] VG München Urt. v. 18.2.2008 - M 25 K 07.2387; Beschluss des Bayerischen VGH vom 17.09.2009 - 5 ZB 08.838

[13] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area, Bologna Working Group on Qualifications Framework, dänisches Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation, 2005, Appendix 6,  S. 149

[14] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area, Bologna Working Group on Qualifications Framework, dänisches Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation, 2005, Appendix 6, S. 149

[15] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area

[16] Framework for Qualifications of the European Higher Education Area