BGH, 29.04.2010, I ZR 69/08: faktische Einwilligung - Google Vorschaubilder I

Der BGH hatte über die Klage einer Künstlerin zu entscheiden, die sich gegen die Anzeige ihrer auf ihrer Internetseite präsentierten Bilder als Google-Vorschaubilder wehrte.

In seinem Urteil erklärte der BGH die Nutzung der Bilder als Vorschaubilder, obwohl weder eine Einwilligung, noch eine gesetzliche oder sonstige Lizenz gegeben war, für zulässig und entwickelte das zu dem Zeitpunkt des Urteils neue Institut der entsprechenden faktischen Einwilligung. Diese Einwilligung liege hinsichtlich einer Verwendung als Vorschaubild vor, wenn ein Nutzer ein Bild in das Internet so einstellt, dass es als Vorschaubild technisch genutzt werden kann. Wörtlich führte der BGH in seinen Leitsätzen aus:

a)Der Betreiber einer Suchmaschine, der Abbildungen von Werken, die Dritte ins Internet eingestellt haben, als Vorschaubilder (sog. Thumbnails) in der Trefferliste seiner Suchmaschine auflistet, macht die abgebildeten Werke nach § 19a UrhG öffentlich zugänglich.
b)Die Verwertung eines geschützten Werks als Zitat setzt nach wie vor einen Zitatzweck im Sinne einer Verbindung zwischen dem verwendeten fremden Werk oder Werkteil und den eigenen Gedanken des Zitierenden voraus.
c)Ein rechtswidriger Eingriff in urheberrechtliche Befugnisse ist nicht nur dann zu verneinen, wenn der Berechtigte rechtsgeschäftlich entweder durch Einräumung entsprechender Nutzungsrechte über sein Recht verfügt oder dem Nutzer die entsprechende Werknutzung schuldrechtlich gestattet hat. Vielmehr ist die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in ein ausschließliches Verwertungsrecht auch dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in die rechtsverletzende Handlung eingewilligt hat. Eine solche Einwilligung setzt keine auf den Eintritt dieser Rechtsfolge gerichtete rechtsgeschäftliche Willenserklärung voraus.

In der Begründung heisst es zu der erteilten Einwilligung weiter, Rn. 34:

Der Eingriff der Beklagten in das Recht der Klägerin auf Zugänglichmachung ihre Werke (§ 19a UrhG) ist jedoch nicht rechtswidrig, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von einer die Rechtswidrigkeit ausschließenden (schlichten) Einwilligung der Klägerin in die Nutzungshandlung der Beklagten auszugehen ist. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts beruht auf seiner unzutreffenden Ansicht, eine die Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung ausschließende Einwilligung des Urhebers könne nur angenommen werden, wenn die Einwilligung den Erfordernissen genüge, die nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre unter Berücksichtigung der Besonderheiten des urheberrechtlichen Übertragungszweckgedankens an die Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts zu stellen seien. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch vielmehr auch dann nicht zu, wenn sie zwar, wie oben ausgeführt, der Beklagten kein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt und ihr die Werknutzung auch nicht schuldrechtlich gestattet hat, ihrem (schlüssigen) Verhalten aber die objektive Erklä-rung entnommen werden kann, sie sei mit der Nutzung ihrer Werke durch die Bildersuchmaschine der Beklagten einverstanden. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sind die Voraussetzungen einer solchen (schlichten) Einwilligung der Klägerin in die beanstandete Rechtsverletzung gegeben. [Wird weiter lesenswert ausgeführt.]

Das bisherige Urheberrecht gilt seitdem nicht mehr so, wie es einmal war, jedenfalls nicht für alle.