EuGH, 19.12.2013, C-202/12: Metasuchmaschinen können urheberrechtswidrig sein

Der EuGH hat in einem Urteil, das sich mit dem Recht des Datenbankerstellers befasst, entschieden (Ziffer 54), dass sogenannte Metasuchmaschinen rechtswidrig arbeiten, wenn sie ohne Einverständnis des Erstellers der von ihnen abgefragten Datenbank/en / zugrundeliegenden Suchmaschinen

  1. ein vergleichbares Suchformular anbieten,
  2. die Suchanfragen an die weiter befragte Suchmaschine/ die Datenbank „in Echtzeit“ weitergeleitet wird und
  3. bei der Suchergebnisdarstellung Dubletten zusammengeführt werden.

Der EuGH grenzt in seinem Urteil unter den Ziffern 24-27 zunächst die urteilsgegenständliche Metasuchmaschine von der "üblichen" Suchmaschine ab:

24      Für die Beantwortung dieser Frage sind erstens die wesentlichen Eigenschaften einer solchen spezialisierten Metasuchmaschine und ihre Funktionsweise in Erinnerung zu rufen, die sich aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte ergeben und die überdies eine spezialisierte Metasuchmaschine deutlich von einer allgemeinen, auf Algorithmen basierenden Suchmaschine wie Google oder Yahoo unterscheiden.

25      Zum einen geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass eine spezialisierte Metasuchmaschine wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht über eine eigene Suchmaschine verfügt, die andere Websites durchsucht. Wie in Randnr. 9 des vorliegenden Urteils ausgeführt, greift sie vielmehr, um die Suchanfragen auszuführen, auf die Suchmaschinen zurück, mit denen die von ihrem Dienst erfassten Datenbanken ausgestattet sind. Die spezialisierte Metasuchmaschine übersetzt nämlich „in Echtzeit“ die Suchanfragen ihrer Nutzer in diese Suchmaschinen, so dass alle Daten dieser Datenbanken durchsucht werden.

26      Zum anderen geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass eine spezialisierte Metasuchmaschine wie die im Ausgangsverfahren fragliche im Hinblick auf die Formulierung einer Suchanfrage und die Darstellung der Ergebnisse Vorteile bietet, die denen der Datenbank selbst ähnlich sind und dabei mit einer einzigen Suchanfrage mehrere Datenbanken durchsucht werden können, wie in den Randnrn. 9 und 10 des vorliegenden Urteils erläutert wurde. Wie die Datenbank umfasst das Suchformular der spezialisierten Metasuchmaschine, in das der Endnutzer seine Suchanfrage eingibt, verschiedene Felder, mit denen der Nutzer seine Suche in Abhängigkeit von mehreren Kriterien, denen die Ergebnisse genügen müssen, gezielt ausrichten kann. Außerdem werden die Ergebnisse je nach Wahl des Endnutzers sowohl von der Datenbank als auch von der spezialisierten Metasuchmaschine in Abhängigkeit von bestimmten Kriterien aufsteigend oder absteigend angezeigt.

27      Was zweitens die Tätigkeit des Betreibers einer spezialisierten Metasuchmaschine wie der im Ausgangsverfahren fraglichen betrifft, die im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 96/9 qualifiziert werden muss, so ist darauf hinzuweisen, dass die erste Frage auf das Angebot dieses Betreibers an die Öffentlichkeit abzielt, mittels einer spezialisierten Suchmaschine „in Echtzeit“ den gesamten Inhalt einer Datenbank oder einen wesentlichen Teil derselben zu durchsuchen, indem die Suchanfrage des Endnutzers in die Suchmaschine der Datenbank „übersetzt“ wird.

Unter diesem durch den EuGH formulierten Basisgedanken führt das Gericht weiter aus, Ziffern 49-53:

    49      Der Endnutzer braucht nur auf die Website der spezialisierten Metasuchmaschine zu gehen, um gleichzeitig zum Inhalt aller vom Dienst dieser Metasuchmaschine erfassten Datenbanken zu gelangen, da eine von dieser Metasuchmaschine durchgeführte Suche dieselbe Ergebnisliste liefert wie die, die man bei getrennt durchgeführten Suchanfragen in jeder einzelnen dieser Datenbanken erhielte, wobei die Ergebnisliste jedoch unter dem Erscheinungsbild der Website der spezialisierten Metasuchmaschine angezeigt wird. Der Endnutzer braucht nicht mehr auf die Website der Datenbank zu gehen, außer wenn er bei den angezeigten Ergebnissen eine Anzeige findet, über die er Näheres erfahren möchte. In diesem Fall wird er jedoch direkt zu der Anzeige selbst geleitet, und wegen der Zusammenfassung von Dubletten ist es durchaus möglich, dass er die Anzeige in einer anderen Datenbank konsultiert.

    50      Demnach stellt die Onlinestellung einer spezialisierten Metasuchmaschine wie der im Ausgangsverfahren fraglichen durch ihren Betreiber, die den Endnutzern dazu dient, dort Suchanfragen einzugeben, damit diese in die Suchmaschine einer geschützten Datenbank übersetzt werden, eine „Verfügbarmachung“ des Inhalts dieser Datenbank im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 96/9 dar.

    51      Diese Verfügbarmachung richtet sich an die „Öffentlichkeit“, da eine solche spezialisierte Metasuchmaschine von jedem benutzt werden kann und sich demnach an eine unbestimmte Zahl von Personen richtet, unabhängig davon, wie viele Personen diese Metasuchmaschine tatsächlich nutzen.

    52      Folglich verwendet der Betreiber einer spezialisierten Metasuchmaschine wie der im Ausgangsverfahren fraglichen den Inhalt einer Datenbank im Sinne dieser Bestimmung weiter.

    53      Diese Weiterverwendung betrifft einen wesentlichen Teil des Inhalts der betreffenden Datenbank, ja sogar ihre Gesamtheit, da mit einer spezialisierten Metasuchmaschine wie der im Ausgangsverfahren fraglichen der gesamte Inhalt dieser Datenbank wie mit einer direkt in die Suchmaschine der Datenbank eingegebenen Suchanfrage durchsucht werden kann. Unter diesen Umständen ist die Zahl der tatsächlich gefundenen und angezeigten Ergebnisse je in die spezialisierte Metasuchmaschine eingegebener Suchanfrage unerheblich. Wie die Europäische Kommission hervorhebt, ändert nämlich die Tatsache, dass je nach den vom Endnutzer definierten Kriterien nur ein Teil der Datenbank tatsächlich abgefragt und angezeigt wird, nichts daran, dass die ganze Datenbank dem Endnutzer verfügbar gemacht wird, wie in den Randnrn. 39 und 40 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist.

    Jedes Geschäftsmodell, bei dem die Abfrage von Informationen aus Datenbanken Dritter zumindest mit Gegenstand ist, ist künftig unter Berücksichtigung der Ausführungen des EuGH sehr sorgfältig zu überprüfen.

    Offen und mit Vorsicht zu bewerten ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob lediglich die Echtzeitabfrage eine Verletzung der Rechte des Datenbankerstellers auslöst. Dasselbe gilt hinsichtlich der weiteren durch den EuGH formulierten Tatbestandsmerkmale "ähnliche Suchmaske" und "Zusammenführung von Dubletten". 

    Auf den ersten Blick erscheint es eher nicht zu wahrscheinlich, dass die Bewertung eines Suchapplikation als rechtswidrig von einem Vorliegen dieser drei durch den EuGH aufgeführten Merkmale abhängen muss. 

    Es könnte - folgt man in etwa der durch den EuGH vorgegebenen Linie - beispielsweise nicht darauf ankommen müssen, ob ein Anbieter die Datenbank eines Datenbankerstellers vollständig/ großteils nach seinen Vorstellungen übernimmt und selber Nutzern zur Verfügung stellt oder ob der Anbieter "lediglich" Echtzeitanfragen der Nutzer über Datenbankabfragen bedient. Hier sind noch einige Fragen obergerichtlich zu klären, was für viele aktuell in der Entwicklung befindlicher Geschäftsmodelle eine Unwägbarkeit bedeuten kann.