OLG Köln, 19.12.2014, 6 U 51/14: Rechtevereinnahmung per AGB durch Amazon wirksam
Das OLG hat im Berufungsverfahren mit seinem Urteil das erstinstanzliche Urteil des LG Köln vom 13.02.2013 bestätigt. Inhaltlich hat es dabei den Ausführungen des LG widersprochen und erachtet die AGB von Amazon hinsichtlich der unentgeltlichen zwanghaften Rechteübertragung von Bildrechten als wirksam.
Während das LG die Amazon-AGB unter Bezugnahme auf gängige Bestimmungen des AGB-Rechts als unzulässig bewertete, widersprach das OLG dieser Argumentation und führte - eher untypisch - wie folgt zur durch das OLG angenommenen Wirksamkeit der AGB-Regelung aus (Rn. 45-47):
Das Landgericht hat seine Auffassung in erster Linie damit begründet, die Klausel verstoße gegen das gesetzliche Leitbild der §§ 11, 32 UrhG, da sie vorsehe, dass Amazon ein unentgeltliches und umfassendes Nutzungsrecht an den Materialien der Teilnehmer eingeräumt werde, auch soweit die Nutzung nicht für das konkrete Angebot benötigt würde. Das Landgericht hat dabei vor allem beanstandet, dass die Einräumung des Nutzungsrechtes unentgeltlich erfolge.
Bei dieser Argumentation hat das Landgericht jedoch nicht hinreichend das Grundprinzip des Amazon „Marketplace“ berücksichtigt. Dadurch, dass Amazon den Teilnehmern die Möglichkeit bietet, durch „Anhängen“ an bereits bestehende Angebote einzelne Angebote zusammenzuführen – ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die zwischen den Parteien streitigen Einzelheiten ankäme, unter denen dieses Zusammenführen erfolgt –, wird die Attraktivität des „Marketplace“ für den Nutzer gesteigert, der ohne weiteres die Preise und Konditionen der einzelnen Teilnehmer für ein bestimmtes Angebote vergleichen kann. Damit ist die Teilnahme an dem System auch für die einzelnen Teilnehmer vorteilhaft.
Es greift daher zu kurz, wenn auf die Unentgeltlichkeit der einzelnen Rechteeinräumung abgestellt wird. Zwar trifft es zu, dass der Teilnehmer Amazon und im Ergebnis auch anderen Teilnehmern, mithin seinen Konkurrenten, unentgeltlich die Nutzung bestimmter Materialien erlaubt. Im Gegenzug erhält er jedoch die Möglichkeit, seinerseits die Materialien anderer Teilnehmer für seine Angebote, bei denen er nicht Ersteinsteller ist, zu nutzen. In gewisser Weise funktioniert die Plattform wie ein Peer-to-Peer-Netzwerk, das sämtlichen Teilnehmern die Nutzung der von anderen Teilnehmern in das Netzwerk eingestellten Inhalte ermöglicht. Es mag sein, dass dieses System auch Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, in dem einzelne Teilnehmer ausschließlich fremde Materialien nutzen, ohne jedoch eigene einzustellen. Berücksichtigt man aber, dass letztlich sämtliche Teilnehmer ein Interesse daran haben, dass die Angebote so attraktiv wie möglich ausgestaltet werden und daher einen eigenen Antrieb haben, hierzu auch durch eigene Leistung beizutragen, ist die Funktionsweise der Plattform letztlich im Interesse aller Teilnehmer und rechtfertigt auch die unentgeltliche Einräumung von Nutzungsrechten. Gerade auch im Verhältnis der Parteien wird die Funktionsweise dieses Systems deutlich, da der Senat auf der Grundlage der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung davon ausgeht, dass sich auch der Kläger an – nicht streitgegenständliche – Angebote des Beklagten angehängt hat. Inwieweit es dabei zu Rechtsverletzungen seitens des Klägers gekommen ist, wie es der Beklagte beanstandet hat, ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich.
VEREINFACHT könnte man so sagen: Weil alle Teilnehmer ein Interesse daran haben sollten, das Angebot so attraktiv wie möglich zu gestalten, darf ihnen aus Perspektive des OLG unentgeltlich und zwanghaft per AGB auferlegt werden, die Rechte an Bildern und Texten an Amazon abzutreten.
Zu berücksichtigen ist dabei, das es hier gänzlich bei Amazon liegt, zu entscheiden, was "so attraktiv wie möglich" sein soll. Das scheint dem OLG so zuzusagen.
Es scheint eher fraglich, dass die durch OLG gewählten Argumente zu einer Verallgemeinerung tauglich sind. Wenn sie denn tauglich sind.