SH OLG, 11.09.2014, 6 U 74/10: Geburtstagszug (II) wegen geringer Eigenschöpfung nicht geschützt

Die Klägerin hat für einen Spielwarenhersteller einen Holzzug entworfen, auf den Kerzen aufgesteckt werden können, genannt Geburtstagszug.

Sie hatte von dem Hersteller für ihre Tätigkeit eine Vergütung von DM 400,00 netto erhalten. Der Gebrtstagszug entwickelte sich zu einem Verkaufserfolg.

Die Klägerin nahm an, bei dem Geburtstagszu handele es ich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk und machte mit ihrer Klage die Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung geltend,  § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG und § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG.

Das Landgericht Lübeck und das Schleswigholsteinische OLG wiesen die Klage zunächst ab. Das OLG führte dazu aus, dass das Werk als Werk der angewandten Kunst nicht lediglich die übliche niedrige Gestaltungshöhe zur Erreichung eines urheberrechtlichen Schutzes aufweisen muss, sondern dass insoweit höhere Anforderung zu stellen seien als bei Werken zweckfreier Kunst. Die Anforderungen würden nicht erfüllt.

Auf die Revision der Beklagten urteilte der BGH, dass die durch das OLG vorgenommene Bewertung angesichts der Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004 nicht gefolgt werden kann. Der BGH führte aus, dass nach der Gesetzesänderung an den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG dieselben Anforderungen zu stellen sind, wie an Werke der zweckfreien Kunst. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen,
die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen. Bei der Beurteilung, ob ein Werk der angewandten Kunst die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche Gestaltungshöhe erreicht, ist zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine zwar Urheberrechtsschutz begründende, gleichwohl aber geringe Gestaltungshöhe zu einem entsprechend engen Schutzbereich des betreffenden Werkes führt.

Nach Zurückweisung des Rechtsstreits an das Schleswigholsteinische OLG hat dieses mit seinem Urteil nun befunden, dass der durch die Klägerin gestaltete Geburtstagszug auch bei Anlegen der niedrigeren Anforderungen an die Schöpfungshöhe nicht dem Urheberschutz unterfällt und die Klage wiederum abgewiesen. Die durch die Klägerin vorgenommenen Modifikationen an einer eher üblichen Gestaltung eines Bummelzuges lassen die hinreichende Gestaltungshöhe nicht erkennen.