LG Berlin, 16.01.2017, 16 O 544/16: Bewertungsanfrage nach Online-Kauf kein Eingriff in Gewerbebetrieb

Ein Rechtsanwalt hatte bei einem Online-Anbieter im Internet einen Kauf getätigt. Anschließend wurde er durch den Händler über die bei dem Kauf angegebene E-Mail-Adresse per E-Mail gebten, eine Bewertung abzugeben. Der Händler hat dem Käufer zudem einige Werbenachrichten an die E-Mail-Adresse gschickt.

Das Landgericht Berlin urteilte ohne mündliche Verhandlung per Beschluss im Eilverfahren dazu, dass die versendeten Werbe-E-Mails wegen fehlender Einwilligung und Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG unzulässig und zu unterlassen ist.

Die E-Mail zur Anfrage nach einer Bewertung klassifizierte es angesichts des weiten Begriffs der Werbung war als Webe-E-Mail. Aus dem Anspruch des Antragstellers auf Unterlassung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ergibt sich nach Abwägung der Interssenlagen keine Berechtigung, eine Unterlassung einer Bewertungsanfrage zu untersagen:

Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. GRUR 2013, 1259, 2016, 530) ist E-Mail-Werbung ohne Zustimmung des Empfängers zwar „grundsätzlich“, aber nicht aus-nahmslos unzulässig. So hat der BGH zuletzt in Bezug auf Empfehlungs-E-Mails klargestellt, dass zumindest in bestimmten Konstellationen der Werbung eine Interessenabwägung vorzunehmen ist (BGH GRUR 2016, 530, 532). Das rechtfertigt sich daraus, dass es sich bei dem „Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ um einen „offenen“ Tatbestand handelt und sol-che Eingriffe nicht in jedem Fall zur Rechtswidrigkeit führen müssen. Die Kundenbewertung nach Abschluss einer Verkaufstransaktion über das Internet ist inzwischen weit verbreitet, allgemein üblich und objektiv sinnvoll. Denn ein solches Feedback der Kunden ermöglicht eine Kontrolle der ansonsten völlig anonymen Anbieter im Fernabsatz, weil die Bewertungen anderen Kaufinteres-senten jedenfalls in ihrer Gesamtheit eine bessere Einschätzung des Verkäufers ermöglichen. Die Einzelbewertungen dienen damit auch dem lauteren Geschäftsverkehr als solchem, da eine nega-tive Bewertung für den Unternehmer spürbare Folgen hat und ihn deshalb regelmäßig zur Verbes-serung seines Angebots veranlassen wird. Angesichts dieser positiven Aspekte des Beurteilungs-verfahrens erscheint es hinnehmbar, wenn der Verkäufer den Kunden nach Abschluss einer Ver-kaufaktion zeitnah – hier nach 2 Wochen – jedenfalls einmalig zur Bewertung auffordern bzw. an die Möglichkeit einer solchen Bewertung erinnert.

Gegen diesen Beschluss des LG wurde hinsichtlich der durch das LG getroffenen Aussagen zu der Bewertungsanfrage-E-Mail durch den Antragsteller Beschwerde zum KG Berlin eingelegt. Das KG hat der Beschwerde entsprochen und auch die Bewertungsanfrage als zu unterlassen bewertet, Beschluss des KG vom 07.02.2017 - 5 W 15/17.

 

[Klarstellend: Zu dem Verfahren stehen wir mit keiner der Verfahrensparteien in einer den Vorgang betreffenden Verbindung.]