BGH, 19.02.2019, II ZR 275/17: Gesamtbild entscheidend für Aufklärungspflicht gegenüber Investoren

In den Informationsunterlagen, die zu einem Private Placement erstellt worden waren, hatte der Emittent einer Fondsbeteiligung angegeben, dass bis zum einem letzten Zeichnungstermin eine bestimmte Zeichnungssumme erreicht werden muss.

Diese Summe war tatsächlich nicht erreicht worden.Die einzuwerbende Summe war am Platzierungsstichtag um 10 % verfehlt worden. Hierüber klärte die Emittentin ihre Zeichner nicht auf.

Einige Zeichner haben in der Folgezeit unter Hinweis auf die nicht erfolgte Aufklärung die Altgesellschafter der Emittentin sowie den involvierten Anlagevermittler auf Rückzahlung des Zeichnungsbetrags verklagt. Nach dem Gang durch die Instanzen war der Fall durch den BGH zu entscheiden.

Der BGH hat unter Randziffer 12 seines Urteils zu den Aufklärungspflichten des Emiitenten wie folgt ausgeführt:

 

"Der  aufklärungspflichtige  Altgesellschafter  hat  einem  Beitrittsinteressenten  vor  dessen  Beitrittsentscheidung  ein  zutreffendes  Bild  über  das  Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung  von  wesentlicher  Bedeutung  sind  oder  sein  können,  insbesondere über  die  mit  der  angebotenen  speziellen  Beteiligung  verbundenen  Nachteile und  Risiken  verständlich  und  vollständig  aufzuklären.  Diese  Pflicht  trifft  auch den   Anlagevermittler   (BGH,   Urteil   vom   1. Dezember   2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135 Rn.9 mwN). Der aufklärungspflichtige Altgesellschafter, der sich für  die  vertraglichen  Verhandlungen  über  einen  Beitritt  eines  Vertriebs  bedient und  daher  diesem  oder  von  diesem  eingeschalteten  Untervermittlern  die  von ihm  geschuldete  Aufklärung  des  Beitrittsinteressenten  überlässt,  haftet  über § 278 BGB  für  deren  unrichtige  oder  unzureichende  Angaben  (st.  Rspr., BGH, Urteil vom 17. April2018 – II ZR 265/16, NJW-RR 2018, 873 Rn.30 mwN). Dabei  begründet  nicht  schon  jede  unrichtige  oder  fehlende  Angabe  die  Haftung des Vertragspartners. In einem die Haftung ausschließenden Sinne richtig und vollständig müssen die Angaben sein, die für die Anlageentscheidung erheblich sind. Der Anleger darf erwarten, dass er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt  erhält,  d.h.,  dass  er  über  alle  Umstände,  die  für  seine  Entschließung  von  wesentlicher  Bedeutung  sind  oder  sein  können,  sachlich  richtig  und vollständig  unterrichtet  wird,  insbesondere  über  die  Tatsachen,  die  den  Ver-tragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12). Entscheidend ist dabei, nicht die einzelne Tatsache für sich genommen  zu  betrachten,  sondern - insbesondere  bei  einer  Aufklärung  durch Prospekt - ob  das  Gesamtbild von  den  Verhältnissen  des  Unternehmens  vollständig   und   richtig   dargestellt   wird   (BGH,   Urteil   vom   27. Februar 2018 – II ZR 193/16, juris Rn.11)."

Eine verminderte Aufklärungspflicht kann nicht deshalb angenommen werden, weil keine gesetzliche Prospektpflicht besteht, so der BGH. Auch in diesen Fällen ist eine hinreichende Aufklärung des Anlegers erforderlich, vgl.  BGH,  Urteil  vom  03.12.2007 - II ZR 21/06,  ZIP 2008, 412 Rn.7.

Vorliegend hat der BGH die Verletzung einer Informationspflicht anschließend verneint und den Rechtsstreit zur nochmaligen Bearbeitung an das Oberlandesgericht zurück verwiesen.