LG Kleve, 30.04.2019, 4 O 84/18: PICAM/PICCOR AG - Anlagevermittler hat Anlageprospekt auf Schlüssigkeit sowie sachliche und inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen

In der aktuellen Presse wurde der PICCAM/PICCOR-Skandal umfangreich thematisiert. Ein Schneeballsystem war durch ein Netz an Anbietern aufgebaut worden. Nachdem ca. 2.000 bis 3.000 Investoren ca. EUR 340 Mio. eingezahlt hatten, wurde im Dezember 2017 der Zusammensturz des Systems mitgeteilt. Seither ermitteln Saatsanwaltschaften und Anleger nach Tätern und noch verwertbaren Mitteln, siehe beispielhaft die Beiträge aus dem Handelsblatt aus der Zeit des Platzens der Blase:

Das Landgericht Kleve hatte nun in einem Fall zu entscheiden, in dem Anleger einen Vermittler auf Ersatz der durch sie geleisteten Zahlung von EUR 270.000 verklagt hatten.

Das Landgericht hat den Vermittler auf Leistung von Schadensersatz verurteilt: Der Vermittler habe es versäumt, die für die Vermittlung von ihm eingesetzten Unterlagen darauf zu überprüfen, ob diese schlüssig sowie inhaltlich und sachlich richtig und vollständig sind. Stattdessen habe er schlicht Behauptungen wiederholt, die bereits bei einfachem Mitdenken als sachlich unmöglich hätten entlarvt werden müssen. So waren in den Unterlagen beispielsweise Performance-Werte angegeben, die zeitlich vor Gründung der PICCOR AG lagen.

Der Vermittler hat nach Informationen des Handelsblatts Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Das Berufungsurteil - und eventuell noch ein dann folgendes Urteil des BGH - kann nun mit einiger Spannung erwartet werden. Zum einen werden die Prüfpflichten des Anlagevermittlers derzeit viel diskutiert, zum anderen haben die ca. 70 Anlagevermittler, die für die PICAM-Gruppe / PICCOR AG tätig waren, alle identische (wohl grob unrichtige und an sich nicht verwendbare) Prospektunterlagen eingesetzt.