Parodie und Grenzen der zulässigen Parodie [Stand 02/2017]

Die Parodie ist ein Unterfall der sogenannten "freien Benutzung" eines urheberrechtlich geschützten Werks, vgl. § 24 UrhG.

In seiner grundlegenden Entscheidung vom 26.03.1971, I ZR 77/69, "Disney-Parodie" führte der BGH zu den Charakteristika eine Parodie aus:

Das Kennzeichen einer Parodie ist in der Regel die antithematische Behandlung [...]. Richtet sie sich gegen die in einem bestimmten einzelnen Werk oder gegen die im gesamten Schaffen eines Schriftstellers oder Künstlers zum Ausdruck gelangten Eigenheiten der Formgebung oder des Inhalts, so behält sie zumeist Stil und Manier des Vorbildes bei, schiebt diesen aber einen nicht mehr entsprechenden Inhalt unter, wodurch die angegriffenen Eigenschaften ins Komische oder Satirische gezogen werden. Ob im Einzelfall eine Parodie vorliegt, ist demnach im wesentlichen objektiv danach zu beurteilen, ob diese Art der Behandlung für denjenigen erkennbar ist, dem das parodierte Werk bekannt ist und der das für die Wahrnehmung der Parodie erforderliche intellektuelle Verständnis besitzt. Ebenso wie ein Werk durch die ausdrückliche Bezeichnung „Parodie” nicht zu einer solchen wird [...], wird einem Werk die Eigenschaft einer Parodie [...] nicht dadurch genommen, daß sie nicht von sämtlichen Personen als solche verstanden wird.

Wesentlicher Hinweis auf das Vorliegen einer zulässigen Nutzung eines bestehenden geschützten Werkes im Rahmen einer Parodie ist damit die Befassung des Parodierenden mit dem geschützten Werk, dem Gesamtwerk des Urhebers oder seiner Person. Das Werk wird nicht anderweitig instrumentalisiert, sondern als solches Gegenstand dieser Parodie.

Zu der Entwicklung der Rechtsprechung des BGH in der Folgezeit vgl. die Entscheidungen des BGH "Asterix-Persiflagen" vom 11.03.1993, ZR 264/91 und "Alcolix" vom 11.03.1993, I ZR 263/91.

Der EuGH hat in einem Urteil vom 03.09.2014, C-201/13, dann festgestellt, dass der Inhaber der Rechte an einem parodierten Werk keine diskriminierende Angaben innerhalb einer Parodie akzeptieren muss. Zudem hat er das Erfordernis einer antithematischen Behandlung des parodierten Werks als nicht gegeben bewertet.

Unter Berücksichtigung der zur Parodie ergangenen EuGH-Rechtsprechung hat der BGH unter Hinweis auf die Harmonisierung des Urheberrechts in seinem Urteil vom 28.07.2016, I ZR 9/15 die Voraussetzung der Parodie neu justiert.

Maßgeblich ist nun "der unionsrechtliche Begriff der Parodie. Die wesentlichen Merkmale der Parodie bestehen danach darin, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff der Parodie hängt nicht von der weiteren Voraussetzung ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen. Zu den Voraussetzungen einer Parodie gehört es außerdem nicht, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft".

Das Erfordernis der antithematischen Beschäftigung mit dem parodierten Werk besteht nicht mehr. Stattdessen wurde als neue Voraussetzung eine Abwägung der Interessen des Werkerstellers mit denen des Benutzers des Werks eingeführt. Zudem muß der Werkersteller nicht jede mit der Parodie transportierte Aussage dulden. Enthält eine Parodie eine gegen Art. 21 EU-Grundrechtecharta verstoßende diskriminierende Aussage und hat der Inhaber des Urheberrechts ein berechtigtes Interesse daran hat, dass das geschützte Werk nicht mit einer solchen Aussage in Verbindung gebracht wird, ist eine Werknutzung als Parodie nicht eröffnet.

 

Wie die freie Benutzung insgesamt ist das Behaupten einer Parodie häufig eines der letztendlich weniger erfolgsversprechenden aber häufig genutzten Verteidigungsmittel in urheberrechtlichen Auseinandersetzungen.