OLG Hamm, 09.03.2015, 8 U 78/14: Vereinbarung Mehrstimmrechte nur in Satzung wirksam

Ein umfangreicher Rechtsstreit eines westfälischen Freischimperiums betraf als Teilaspekt die Frage, ob einem Gesellschafter wirksam in einer notariell beurkundeten schuldrechtlichen Vereinbarung (keine Satzungsänderung) ein doppeltes Stimmrecht in der Gesellschaft eingeräumt worden war.

Das OLG entschied hierzu,  dass die Parteien des Rechtsstreits keinen wirksamen Satzungsänderungsbeschluss gefasst haben, der nur eine wirksame Vereinbarung eines Mehrstimmrechts  bedeutet hätte. Auch aus einer Umdeutung diverser Handlungen der Parteien sei kein wirksam vereinbartes Mehrstimmrecht abzuleiten:

Das Bestehen eines doppelten Stimmrechts [..] kann nicht auf die Umdeutung der unwirksamen Satzungsänderung in eine wie auch immer geartete schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten gestützt werden. Der BGH geht zwar davon aus, dass die Gesellschafter einer GmbH auf die Gesellschaft bezogene Bindungen auch schuldrechtlich eingehen und satzungsdurchbrechende Gesellschafterbeschlüsse unter bestimmten Umständen in schuldrechtliche Nebenabreden umgedeutet werden können (BGH NJW 1993, 2246 ff.). Dies ist aber nach der Rechtsprechung des BGH nur dann möglich, wenn auf eine Abstimmung in der Gesellschafterversammlung bezogene Verhaltens- oder Unterlassungspflichten in Rede stehen (BGH aaO.). Vorliegend geht es nicht um bestimmte Verhaltens- oder Unterlassungspflichten der Gesellschafter der Beklagten zu 2) im Rahmen der Abstimmung in einer Gesellschafterversammlung, sondern um die generelle Einräumung eines doppelten Stimmrechts zu Gunsten des Beklagten zu 1). Hinzu kommt, dass die Vertragsparteien vorliegend keinen satzungsdurchbrechenden Beschluss gefasst, sondern eine förmliche Satzungsänderung [...] vorgenommen haben (s.o.). Eine Umdeutung in eine schuldrechtliche Nebenabrede ist aber nach der vorzitierten BGH-Rechtsprechung nur bei satzungsdurchbrechenden Beschlüssen, nicht bei (ggf. unwirksamen) förmlichen Satzungsänderungen möglich (so auch Lutter/Hommelhoff. GmbHG, § 53 Rn. 33).