Prospekt + Wertpapier-Informationsblatt nach Wertpapierprospektgesetz (WpPG)

Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) findet Anwendung, wenn Wertpapiere öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, § 1 Abs. 1 WpPG.

Wertpapiere im Sinne des Gesetzes sind, § 2 Abs. 1 WpPG, übertragbare Wertpapiere, die an einem Markt gehandelt werden können, insbesondere

a) Aktien und andere Wertpapiere, die Aktien oder Anteilen an Kapitalgesellschaften oder anderen juristischen Personen vergleichbar sind, sowie Zertifikate, die Aktien vertreten,
b) Schuldtitel, insbesondere Schuldverschreibungen und Zertifikate, die andere als die in Buchstabe a genannten Wertpapiere vertreten,
c) alle sonstigen Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird,
mit Ausnahme von Geldmarktinstrumenten mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten.

In der Regel darf der Anbieter Wertpapiere im Inland erst dann öffentlich anbieten, wenn er zuvor einen Prospekt für diese Wertpapiere veröffentlicht hat, § 3 Abs. 1 WpPG. Ausnahmen von dieser Pflicht, die auf Umwandlungen, Transaktionen u.ä. Bezug nehmen sind in § 4 WpPG aufgeführt.

Die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts gilt zudem nicht für ein Angebot von Wertpapieren,§ 3 Abs. 2 WpPG,

1. das sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet,
2. das sich in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger richtet,
3. das sich an Anleger richtet, die Wertpapiere ab einem Mindestbetrag von 100 000 Euro pro Anleger je Angebot erwerben können,
4. die eine Mindeststückelung von 100 000 Euro haben,
5. die von CRR-Kreditinstituten oder von Emittenten, deren Aktien bereits zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, ausgegeben werden, wenn der Gesamtgegenwert für alle im Europäischen Wirtschaftsraum angebotenen Wertpapiere weniger als 5 Millionen Euro berechnet über einen Zeitraum von zwölf Monaten beträgt; § 1 Absatz 3 gilt entsprechend; oder
6. deren Gesamtgegenwert im Europäischen Wirtschaftsraum weniger als 8 Millionen Euro beträgt, wobei diese Obergrenze über einen Zeitraum von zwölf Monaten zu berechnen ist.

Jede spätere Weiterveräußerung von Wertpapieren, die zuvor Gegenstand einer oder mehrerer der im vorangegangenen Absatz genannten Angebotsformen waren, ist als ein gesondertes Angebot anzusehen.

Ist eine Prospektpflicht als gegeben anzunehmen, so ist ein Prospekt nach Maßgabe der §§ 5 ff WpPG zu erstellen.

 

Ausnahme vom Prospekt: Wertpapier-Informationsblatt bei "Kleinemissionen" bis zu EUR 8 Mio.

Nimmt ein Anbieter die Ausnahmeregelung des § 3a Abs. 2 Nr. 6 WpPG für sich in Anspruch und erwägt eine entsprechend volumenmäßig begrenzte "Kleinemission" von - über einen Zeitraum von 12 Monaten bemessen - bis zu EUR 8 Mio., so gelten für ihn die im August 2018 in Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 3a ff WpPG.

Soll eine Emision mit einem Volumen von bis zu EUR 100.000 erfolgen, so besteht keine Pflicht zur Erstellung einer Dokumentation. Bei Emissionen bis zu EUR 8 Mio. ist ein Wertpapier-Informationsblatt (WIB) bei der BAFIN vorzulegen.

Das WIB darf nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten umfassen. Es muss mindestens die wesentlichen Informationen über die Wertpapiere, den Anbieter, den Emittenten und etwaige Garantiegeber in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise in der nachfolgenden Reihenfolge enthalten, so dass das Publikum

1. die Art, die genaue Bezeichnung und die internationale Wertpapier-Identifikationsnummer (ISIN) des Wertpapiers,
2. Die Funktionsweise des Wertpapiers einschließlich der mit dem Wertpapier verbundenen Rechte,
3. Angaben zur Identität des Anbieters, des Emittenten einschließlich seiner Geschäftstätigkeit und eines etwaigen Garantiegebers,
4. die mit dem Wertpapier, dem Emittenten und einem etwaigen Garantiegeber verbundenen Risiken,
5. den auf Grundlage des letzten aufgestellten Jahresabschlusses berechneten Verschuldungsgrad des Emittenten und eines etwaigen Garantiegebers,
6. die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen,
7. Die mit dem Wertpapier verbundenen Kosten und Provisionen,
8. die Angebotskonditionen einschließlich des Emissionsvolumens sowie
9. Die geplante Verwendung des voraussichtlichen Nettoemissionserlöses

einschätzen und bestmöglich mit den Merkmalen anderer Wertpapiere vergleichen kann.

Zudem sind für die Gestaltung und die Mitteilung von Hinweisen an den Adressaten Vorgaben formuliert, § 3a Abs. 4-7 WpPG.

Eine Veröffentlichung des WIB darf erst nach entsprechender Gestattung durch die BAFIN erfolgen, § 3a Abs. 2 WpPG. Das WIB ist spätestens einen Tag vor dem öffentlichen Angebot von Wertpapieren zu veröffentlichen und für jedermann öffentlich zugänglich zu halten, § 3b WpPG.

Die Inanspruchnahme der Erleichterungen wird durch eine erhebliche Einschränkung im Bereich des Vertriebs der Wertpapiere ab einen Volumen von EUR 1 Mio., § 3c WpPG, belastet:

Wertpapiere dürfen unter der Ausnahmeregelung des § 3a WpPG ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden, das rechtlich verpflichtet ist, zu prüfen, ob der Gesamtbetrag der Wertpapiere, die von einem nicht qualifizierten Anleger erworben werden können, folgende Beträge nicht übersteigt:

1. 1 000 Euro,
2. 10 000 Euro, sofern der jeweilige nicht qualifizierte Anleger nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100 000 Euro verfügt, oder
3. den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen nicht qualifizierten Anlegers nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft, höchstens jedoch 10 000 Euro.

Nach der Definition des § 2 Abs. 10 Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Im Vorfeld eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren ist sorgfältig zu prüfen, ob eine gesetzliche Prospektpflicht besteht, ob ausnahmsweise der Weg über ein Wertpapier-Informationsblatt gegangen werden kann und ob dieser Weg im Einzelfall tatsächlich eine sinnvolle Erleichterung darstellt.