Zahlung in die Kapitalrücklage/ Einlagezahlung [Stand 04/2017]

Eine sehr einfache Versorgung einer Gesellschaft mit finanziellen Mitteln ist die Leistung einer Zahlung in die Kapitalrücklage der Gesellschaft. Anstelle von Zahlungen können auch Sachwerte - beispielsweise Unternehmensanteile oder gewerbliche Schutzrechte wie Marken und Patente - in die Kapitalrücklage eingebracht werden.

In der Praxis werden Zahlungen in die Kapitalrücklage  häufig im Bereich der StartUp-Finanzierung zwischen Investor und Unternehmen vereinbart. Der Investor erhält dann zum Beispiel im Wege einer Kapitalerhöhung Geschäftsanteile und verpflichtet sich, bei Erreichen bestimmter Meilensteine vorab vereinbarte Zahlungen in die Kapitalrücklage des Unternehmens zu erbringen.

Ist im Rahmen der Finanzierung eines Unternehmens eine Leistung in die Kapitalrücklage vorgesehen, so sind hierzu u.a. folgende Punkte zu beachten: 

  1. Eine Einlage kann unproblematisch ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten unmittelbar in eine Kapitalrücklage geleistet werden, § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Mangels einer Gegenleistung der empfangenden Gesellschaft stellt der Vorgang dann u.a. keine Veräußerung dar, vgl. BFH, Urteil vom 23.02.2005 – I R 44/04. 
  1. Leistungen in die Kapitalrücklage sind heute im Zweifel schenkungssteuerlich zu bewerten: Nach der Regelung des vor einigen Jahren neu geschaffenen § 7 Abs. 8 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an der Gesellschaft erlangt.  S. 2 der Regelung besagt, dass freigebig auch Zuwendungen zwischen Kapitalgesellschaften sind, soweit sie in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern und soweit an diesen Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind. Erfasst ist von dem Wortlaut dieser Bestimmung zum Beispiel der Fall, dass ein Gesellschafter eine Leistung in die Rücklage der Gesellschaft erbringt und dadurch die Anteile der Mitgesellschafter einen höheren Wert erhalten. Die Regelung ist als Reaktion auf ein BFH-Urteil in das ErbStG aufgenommen worden. Sie wird in der Literatur und auch in der Steuerverwaltung als zu weitgehend empfunden. Die Obersten Finanzbehörden der Länder haben daher am 14.03.2012, BStBl 2012 I S. 331, einen jeweils gleich lautenden Anwendungserlass erlassen, der zumindest zu weitgehende Folgen der Normanwendung eindämmen soll. Eine rechtlich unwägbare Situation ist dadurch nicht vermieden. Es hat hier immer eine recht dezidierte Einzelfallprüfung zu erfolgen, die gelegentlich ein unerfreulich offenes Ergebnis hat. Ob die duch die Finanzverwaltung in dem Erlass vorgegebenen Tatbestandmerkmale erfüllt sind oder ob eine Schenkung angenommen werden muss, ist im Vorfeld in einigen nicht untypischen Sachverhaltskonstellationen eher schwer zu bestimmen.

  2. In Artikel 2 Abs. 3 bis 5 der vierten Richtlinie 78/660/EWG des Europäischen Rates vom 25.07.1978 ist der Grundsatz der Bilanzwahrheit festgelegt worden. Der Jahresabschluss muss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln. Dieser Grundsatz der Bilanzwahrheit ist auch in Artikel 32 der Richtlinie erkennbar, wonach der Bewertung der Posten im Jahresabschluss die Anschaffungs- und Herstellungskosten der Vermögensgegenstände zugrunde gelegt werden. Der Unionsgesetzgeber hat sich so für die Bewertungsmethode entschieden, die nicht auf den tatsächlichen Wert der Vermögensgegenstände, sondern auf deren ursprüngliche Kosten gestützt ist, vgl. EuGH, Urteil vom 03.10.2013 „GIMLE“ – C-322/12. Zusammenfassend erlaubt es der Grundsatz der Bilanzwahrheit nicht, vom Grundsatz der Bewertung der Vermögensgegenstände auf der Grundlage ihrer Anschaffungs- und Herstellungskosten nach Artikel 32 dieser Richtlinie zu Gunsten einer Bewertung auf der Grundlage ihres tatsächlichen Wertes ab zu weichen, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten dieser Vermögensgegenstände offenkundig niedriger sind als ihr tatsächlicher Wert.

    Mit Urteil vom 06.03.2014 „Bloomsbury NV“ – C-510/12, hat der EuGH ergänzend entschieden, dass nach der Bestimmung des Artikels 2 Abs. 3 bis 5 der Richtlinie 78/660/EWG eine Gesellschaft, wenn sie unentgeltlich einen Vermögenswert erwirbt, diesen nicht mit seinem tatsächlichen Wert in ihrem Jahresabschluss verbuchen muss.


    Eine gemeinsame Betrachtung der beiden zitierten Entscheidungen des EuGH ergibt, dass eine empfangende Gesellschaft bei unentgeltlichem Erwerb eines Vermögenswertes nicht den tatsächlichen Wert in ihrem Jahresabschluss verbuchen muss. Daneben ist es der Gesellschaft nicht gestattet, vom Grundsatz der Bewertung auf der Grundlage der Anschaffungs- und Herstellungskosten nach Artikel 32 der Richtlinie zu Gunsten einer Bewertung auf der Grundlage des „tatsächlichen Werts“ abzuweichen, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten dieser Vermögensgegenstände offenkundig niedriger sind als ihr „tatsächlicher Wert“. Durch diese recht klaren Aussagen des EuGH ist beispielsweise die Buchung eines eingelegten Wertgegenstandes, für den keine Zahlung erbracht wurde, auf der Basis eines gutachterlich ermittelten Zeitwert komplex und in der Regel wohl eher schwierig rechtlich sauber umsetzbar.


    Sofern eine Buchung einer Sacheinlage in die Kapitalrücklage zu einem gutachterlich bestimmten Wert für eine vergütungsfrei erhaltene Leistung erfolgen sollte, so kann dies zuletzt zu einer steuerlich relevanten Aufdeckung stiller Reserven und außensteuergesetzlichen Problemkonstellationen führen, worüber vor jeder ansatzweisen Umsetzung auf jeden Fall mit dem eingebundenen Berater gesprochen werden sollte/muss.

Sofern sich bei der Überlegung zur Gestaltung einer Zahlung/ Sachleistung in die Kapitalrücklage ernsthafte Zweifel an der Umsetzbarkeit ergeben, kann alternativ beispielsweise erwogen werden, die Leistung über eine Kapitalerhöhung der Gesellschaft zuzuführen.